DIE FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben den von der EU-Kommission erwogenen grundlegenden Haushaltsumbau ab 2028 mit radikalen Kürzungen im Agrarbereich als Diskussionsgrundlage bezeichnet. Kaum ein Landwirt sei glücklich mit der Ausgestaltung der Direktzahlungen in ihrer gegenwärtigen Form, sagte Alfons Wolff, Bundessprecher der FREIEN BAUERN: „Allerdings darf der seit den Römischen Verträgen 1957 geltende Konsens nicht aufgekündigt werden, dass die Gemeinsame Agrarpolitik die Versorgung der Bevölkerung sichern und die landwirtschaftlichen Einkommen verbessern soll.“ Die bloße Reduzierung der Direktzahlungen würde dazu führen, dass Billigprodukte aus Übersee die europäischen Landwirte vom Markt drängen, befürchtet der 64jährige Ackerbauer aus dem sachsen-anhaltinischen Hohenthurm: „Wenn die Subventionen fallen, brauchen wir deshalb einen wirksamen Außenschutz – nicht irgendwelche dubiosen Lieferketten-Zertifikate aus dem brennenden Regenwald, sondern ganz klar keinen Freihandel mehr mit Ländern, in denen die Landwirtschaft zu niedrigeren sozialen oder ökologischen Standards produziert als wir.“
Der auf ökonomische Stabilität ausgerichtete Kern der Europäischen Agrarpolitik sei in den vergangenen sechzig Jahren immer derselbe geblieben, indem das Preisgefälle zum Weltmarkt zunächst durch Zölle, später durch Subventionen auf Produkte und schließlich durch Subventionen auf die Fläche mehr oder weniger ausgeglichen wurde, beschreibt Wolff die Entwicklung: „Die Verknüpfung der Direktzahlungen mit angeblich ökologischen, oft jedoch sinnlosen Auflagen und Anreizen hat diese Logik allerdings zuletzt immer mehr untergraben. Umso wichtiger, sich wieder auf den Kern zu besinnen.“ Nach Einschätzung der FREIEN BAUERN sei das Subventionssystem mittlerweile geprägt durch hohen bürokratischen Aufwand, massive Bevormundung der Betriebe und zahllose nichtlandwirtschaftliche Profiteure drumherum. „Die Überlegungen der Kommission können daher auch eine Chance sein, wenn gleichzeitig die europäischen Landwirte vor unfairer Konkurrenz und die europäischen Verbraucher vor minderwertiger Ware geschützt werden“, argumentiert Wolff. Derzeit würden die Konsumenten nicht einmal über die Herkunft der Rohstoffe in den eingekauften Lebensmitteln informiert.
Als notwendige Schritte zum Aufbau eines funktionierenden Außenschutzes verlangen die FREIEN BAUERN die Aufhebung der Zollfreiheit für Getreide, Mais und Ölsaaten aus der Ukraine, den Abbruch der Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten über die zollbegünstigte Einfuhr von Rindfleisch, Schweinefleisch und Zucker, die schrittweise Aufkündigung weiterer Freihandelsabkommen sowie insbesondere eine Reduzierung der Einfuhren von Soja für die Futtermittelindustrie. „Die ukrainische Konzernlandwirtschaft etwa arbeitet mit einem Mindestlohn von umgerechnet 1,20 Euro und mit hierzulande seit Jahrzehnten verbotenen Pflanzenschutzmitteln. Damit können und wollen wir nicht konkurrieren“, so Wolff. Angesichts einer krisengeschüttelten Gesamtwirtschaft und ernsthafter Versorgungslücken in Teilen der systemrelevanten Infrastruktur sollte die EU-Kommission nicht lediglich über Haushaltskonsilidierung nachdenken, sondern auch über eine Konsolidierung unserer heimischen Landwirtschaft.“