Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben die Bundesregierung aufgefordert, den in Artikel 5 im Entwurf zum internationalen Pandemievertrag vorgesehenen One-Health-Ansatz abzulehnen. Unbestritten gebe es zahlreiche Infektionskrankheiten, die sich vom Tier auf den Menschen übertragen können, sagte Reinhard Jung, Politikreferent der FREIEN BAUERN: „Für die Annahme allerdings, aus der heute üblichen Nutztierhaltung könnten Mutationen von Krankheitserregern entstehen, die durch Übertragung auf den Menschen Pandemien auslösen, gibt es bisher keinerlei Anhaltspunkte geschweige denn einen Beweis.“ Deshalb dürfe Deutschland sich nicht zu der aus dem One-Health-Ansatz folgenden verschärften Überwachung der Nutztierbestände verpflichten und damit einer weiteren Regulierung und Bürokratisierung der Landwirtschaft Tür und Tor öffnen, fordert der 58jährige Mutterkuhhalter aus dem brandenburgischen Lennewitz. Dass auch in der Gesundheitsvorsorge alles mit allem zusammenhänge sei lediglich eine Binsenweisheit, weitreichende staatliche Maßnahmen müssten jedoch auf validen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, so Jung: „Das tägliche Arbeiten mit Nutztieren macht uns Bauern jedenfalls nicht anfälliger für Krankheiten als andere Berufsgruppen, schon allein deshalb kann von unseren Herden keine pandemische Gefahr ausgehen, die staatlich kontrolliert werden müsste. One-Health ist bisher eher ein Thema für Wichtigtuer.“
Mit Schrecken denkt Jung an die öffentliche Angst vor 25 Jahren zurück, als die seltene Rinderkrankheit BSE von verantwortungslosen Politikern und Journalisten zu einer unkalkulierbaren Bedrohung für die gesamte Menschheit hochstilisiert wurde: „Geheimnisvolle infektiöse Proteine, die auf abenteuerliche Weise über den Verzehr von Rindfleisch in den Menschen eindringen und millionenfachen Tod auslösen könnten – von all den damaligen Horrorszenarien hat sich nichts bewahrheitet.“ Die FREIEN BAUERN kritisieren seit langem, dass es nie zu einer Aufarbeitung der Hysterie gekommen ist, in deren Folge der Rindfleischmarkt zusammenbrach und zahllose Bauernhöfe aufgeben mussten.
Die fragwürdige Ausdehnung von Kontrollaufgaben in der Veterinärverwaltung sei auch für die Berufsgruppe der Tierärzte ein falsches Signal, meint Jung: „Schon jetzt drängt der Nachwuchs in die Amtsstuben, während viele Praxen auf dem Lande händeringend einen Nachfolger suchen.“ In einigen Regionen sei die Betreuung der Nutztierbestände inzwischen kritisch – bei ernsthaften Problemen wie Schwergeburten, Verdauungsstörungen oder Gelenkentzündungen könne rechtzeitige Hilfe nicht mehr gewährleistet werden. Handlungsbedarf sehen die FREIEN BAUERN daher vor allem in der Fachkräftesicherung. Jung: „Uns fehlen nicht Tierärzte, die die Welt retten, sondern welche, die die Arbeit machen.“