Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben ihre Ablehnung des zunächst als Bauern-Soli von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ins Gespräch gebrachten Tierwohl-Cent bekräftigt. „Wir wollen dieses Geld nicht, das durch eine Sondersteuer auf Fleisch generiert werden soll, denn wir wollen selber entscheiden, mit unserem eigenen Geld, ob und wie wir unsere Ställe baulich weiterentwickeln oder nicht“, sagte Jann-Harro Petersen von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN: „Nach meinem Verständnis kann eine Haltungsform nur dann nachhaltig sein, wenn die damit erzeugten Produkte tatsächlich nachgefragt werden.“ In der Debatte um den Tierwohl-Cent zeige sich schlaglichtartig eine grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweise der Verbände an die aktuellen agrarpolitischen Herausforderungen, so der 46jährige Bio-Milchviehhalter aus dem schleswig-holsteinischen Tating: „Während Bauernverband und AbL diese zusätzliche Subvention für einzelne Betriebe als Chance sehen, befürchten wir noch mehr staatliche Regulierung und verlangen statt dessen faire Rahmenbedingungen und unternehmerische Eigenverantwortung.“ Man müsse die gegnerische Position nicht verteufeln, um festzustellen, dass es innerhalb der Landwirtschaft unterschiedliche Einschätzungen über den richtigen Weg gebe, die sich logischerweise in unterschiedlichen Verbänden widerspiegeln.
An die FDP-Bundestagsfraktion appellierte Petersen, standhaft zu bleiben und dem Tierwohl-Cent weiterhin die Zustimmung zu verweigern: „Als Steuer auf alle Fleischprodukte dürfte er keine Zweckbindung haben, als zweckgebundene Abgabe wiederum dürfte er nur auf heimische Ware erhoben werden und würde diese damit im Wettbewerb benachteiligen. Beides wäre kontraproduktiv.“ Dass die Bundesregierung bislang auf die Vorschläge der FREIEN BAUERN überhaupt nicht eingegangen ist und statt dessen über eine neue Subvention nachdenkt, findet er enttäuschend: „Mit den Grünen wollten wir in der Vergangenheit die Stellung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette stärken. Jetzt sind sie zwei Jahre an der Regierung und haben nichts unternommen gegen die Marktmacht der Monopole und den Preisdruck durch Importe.“ Konkret fordern die FREIEN BAUERN etwa eine Entflechtung der Monopole in Lebensmitteleinzelhandel und Industrie, eine Vertragspflicht mit konkreter Preisvereinbarung für die Lieferung von Milch und Vieh, eine Herkunftskennzeichnung auf allen Lebensmitteln, den Abbruch der Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und Chile sowie das Auslaufen der Zollfreiheit für ukrainische Agrarprodukte. Petersen: „Wir wollen ja Steuern zahlen, aber Einkommensteuern!“