Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland, haben vor falschen Weichenstellungen bei der Information über tierische Lebensmittel gewarnt. „Wer eine Haltungskennzeichnung schnell einführen will und gleichzeitig eine Herkunftskennzeichnung auf die lange Bank schiebt, würde die Verbraucher täuschen und der bäuerlichen Landwirtschaft schaden“, kommentierte Marco Hintze, stellvertretender Bundessprecher der FREIEN BAUERN, aktuelle Überlegungen aus dem grün geführten Bundeslandwirtschaftsministerium. Wenn eine Information die Kaufentscheidung im Ladenregal positiv beeinflussen soll, dürfe sie keine wesentlichen Fakten ausblenden, so der 49jährige Landwirt aus dem brandenburgischen Krielow: „Vielleicht wäre es hilfreich, wenn die Bundesregierung mit Praktikern spricht und sich nicht auf einen Bauernverband verlässt, der allen Ernstes behauptet, Tierhaltung müsse sich neu erfinden.“
Tierwohl habe nicht nur mit technischen Standards zu tun, aber sehr viel mit Eigentümern und deren Familien, die sich täglich um ihre Tiere kümmern, argumentiert Hintze, der selbst Mutterkühe und Mastrinder hält. Deshalb spricht er sich dafür aus, in die Haltungskennzeichnung eine agrarstrukturelle Komponente einzuarbeiten. „Würde man plump den Empfehlungen der Borchert-Kommission folgen, käme die 2000er Milchviehanlage eines Investors in die bevorzugte Stufe 3, wenn sie nur genug Beton in die Landschaft gießt, während ein kleiner Bauer mit 50 Kühen im Anbindestall bei sommerlichem Weidegang in Stufe 1 darum fürchten müsste, seine Produkte überhaupt noch loszuwerden“, gibt Hintze zu bedenken. Es könne doch nicht im Sinne grüner Agrarpolitik sein, gesellschaftlich eigentlich gewollte bäuerliche Betriebe auf diese Weise ins ökonomische Abseits zu drängen.
Irritationen löste bei den FREIEN BAUERN auch die Ankündigung der neuen Staatssekretärin Silvia Bender aus, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Herkunftskennzeichnung würde auf europäischer Ebene geregelt und damit auf unbestimmte Zeit verschoben. „Warum soll meine Rinderhaltung schon bald nach irgendwelchen Haltungsstufen gekennzeichnet werden, aber wenn das Fleisch aus Südamerika kommt, wo Gentechnik und Hormonspritzen an der Tagesordnung sind, erfährt der Verbraucher darüber gar nichts“, fragt sich Hintze. Der Wunsch nach regionaler Herkunft sei bei zahlreichen Menschen auch aus Klimaschutzgründen ausgeprägt, weiß der Landwirt von der Direktvermarktung seines Rindfleischs: „Viele wollen sicher gehen, dass die Lebensmittel nicht um die halbe Welt gefahren wurden.“ Genau in diesem regionalen Kontext habe Hintze grüne Agrarpolitik bisher verstanden und wundere sich nun über die Signale aus Berlin.