Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben die heute vom Deutschen Raiffeisenverband vorgestellte Studie zur Umsetzung des Artikels 148 der EU-Marktordnung als armseliges Gefälligkeitsgutachten bezeichnet. „Das ist eine bessere Semesterarbeit – ein bisschen Sekundärliteratur zusammengestoppelt auf netto 25 Seiten, inhaltlich so dürftig und erkennbar tendenziös, dass es den verantwortlichen Professoren sogar zu peinlich war, ihren Auftraggeber darin aufzuführen“, urteilte Peter Guhl von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN. Die einseitige Festsetzung der Milchpreise durch die Molkereikonzerne werde als „marktwirtschaftliche Eigenlösung“ schöngeschrieben, kritisiert der 59jährige Milchviehhalter aus dem mecklenburgischen Vorderhagen. Den Versuch der Bundesregierung, durch Einführung tatsächlich marktwirtschaftlicher Mechanismen die Milchproduzenten in der Wertschöpfungskette zu stärken, stellt die Studie hingegen als staatlichen Eingriff und überflüssig dar, so Guhl: „Aus Sicht der Molkerei-Chefetagen absolut nachvollziehbar, ich würde auch gern ohne Risiko arbeiten und Verluste an meine Geschäftspartner weiterreichen. Das ist aber keine Marktwirtschaft.“
Die mit allerhand Modellen und Berechnungen aufgeplusterten Seiten der Studie gehen am Kern der durch Artikel 148 ermöglichten Reform der Milchlieferbeziehungen vorbei, meint Guhl: „Es wird eingehend untersucht, welche ökonomischen Folgen es hätte, wenn der an die Molkerei A liefernde Milchviehhalter von der Molkerei A vor Lieferung seiner Milch ein Preisangebot erhalten müsste. Völlig außer acht gelassen wird dabei die Option, dass der Milchviehhalter sich auch ein Preisangebot von den Molkereien B und C holen könnte.“ Genau dieser Wettbewerb um den Rohstoff Milch sei jedoch die entscheidende Auswirkung des Artikels 148, argumentieren die FREIEN BAUERN. Nicht nur die Milchviehhalter könnten mit vorab vereinbarten Preisen kalkulieren, auch die Molkereien müssten dann mit entsprechenden Einkaufskosten rechnen und ihre Vermarktung darauf ausrichten. Guhl: „Dass funktionierende Märkte sich dynamisch entwickeln, blenden die Professoren komplett aus und erwecken vielmehr den Eindruck, als bestünde unsere einzige Chance einer Marktteilnahme in Börsengeschäften. Wir Bauern sind aber Unternehmer und keine Zocker.“
In der von Raiffeisenverband, Genossenschaftsverband und Bauernverband bereits hinlänglich bekannten Art schüre die Studie Ängste vor einer Reform der Milchlieferbeziehungen, indem ein höherer Aufwand für Management, Bürokratie und Risikoabsicherung behauptet wird. „Rund 100 Millionen Euro würde der Artikel 148 die Branche kosten, die selbstverständlich bei uns Milchviehhaltern abgezogen werden sollen“, hat Guhl gelesen und kann darüber nur milde lächeln: „37 Milliarden Euro haben die 160 Molkereien im vergangenen Jahr umgesetzt, nur 14 Milliarden die über 50.000 Milchviehbetriebe. Um diese Zahlen geht es und darum, dass wir in Zukunft mitreden wollen, wie der Kuchen verteilt wird.“