Die FREIEN BAUERN, Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland, haben sich von der Kampagne des Deutschen Bauernverbandes zur Umsetzung des Borchert-Plans distanziert. „Wir wollen überhaupt keine Steuergelder für den Umbau der Nutztierhaltung, sondern wir fordern faire ökonomische Rahmenbedingungen – dann werden wir schon das umbauen, was wir für sinnvoll halten“, sagte Peter Guhl von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN. Die von der Borchert-Kommission vorgesehenen Investitionen in vermeintliche Tierwohlstandards seien reine Geldverschwendung, so lange entsprechende Produkte nicht vom Verbraucher nachgefragt würden, argumentiert der 57jährige Milchviehhalter aus dem mecklenburgischen Vorderhagen: „Dabei ist es völlig gleich, ob der Umbau mit zwei, drei oder vier Milliarden pro Jahr aus der leeren Staatskasse gefördert wird. Dieses Betteln ist würdelos, zumal bei einem grünen Agrarminister, der uns abgrundtief verachtet. Das sind nicht die deutschen Bauern, die der Bauernverband in seiner Kampagne zeigt, das sind arme Würstchen.“
Bereits die von der Bundesregierung geplante Kennzeichnung von Haltungsstufen hält Guhl für anmaßend: „Wie kommen eigentlich Politiker dazu, vom grünen Tisch aus und allein nach technischen Parametern das Wohlbefinden unserer Tiere einzuschätzen?“ Ob es den Tieren gut geht oder nicht, könne niemand besser beurteilen als der Tierhalter selbst, der sich täglich genau darum kümmere, begründet Guhl seine Ablehnung der im Borchert-Plan anvisierten starren Kategorien. Fast alle bäuerlichen Tierhalter hätten in der Praxis bewährte, vorzeigbare Ställe und würden ein unkalkulierbares Risiko eingehen, wenn sie diese mit hohem finanziellen Aufwand an irgendwelche angeblich gesellschaftlich gewünschten Tierwohl-Standards anpassen wollten. Guhl: „Wenn es tatsächlich einen Bedarf nach besonderen Haltungsformen oder anderen Produkteigenschaften gibt, dann werden uns deutliche Signale dazu über das marktwirtschaftliche Instrument Nachfrage erreichen. Als Unternehmer sind wir gut beraten, möglichst genau das zu produzieren, was der Verbraucher nachfragt.“
Statt am Markt vorbei in die Produktion hineinzuregieren, sollte der Staat dafür sorgen, dass Nutztierhaltung unter fairen Bedingungen stattfinden kann, verlangt der Landwirt, der einen Teil seiner Milch direkt vermarktet: „Wo sind denn die Initiativen des Agrarministers gegen den Preisdruck durch Billigimporte aus Übersee oder gegen die Monopolstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel?“ So lange Freihandelsabkommen durchgewunken werden und Entflechtungspläne in der Schublade verschwinden, brauche sich niemand Illusionen über grüne Agrarpolitik zu machen, meint Guhl: „Es ist mir ein absolutes Rätsel, warum alle Verbände mit Ausnahme der FREIEN BAUERN ein scheinbar so unerschütterliches Vertrauen in die Bundesregierung haben, dass es ihnen offensichtlich nicht mal peinlich ist, in einer langfristigen Alimentierung durch öffentliche Gelder die Zukunft der Nutztierhaltung zu sehen.“