Die FREIEN BAUERN, Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland, haben die Bestätigung des Patents auf eine vom Unternehmen Syngenta konventionell gezüchtete Paprikapflanze durch das Europäische Patentamt als Alarmsignal bezeichnet. „Die Industrie will uns das Eigentum an unseren Jahrhunderte alten Kulturpflanzen wegnehmen“, warnt Ralf Ehrenberg von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN. Mit der Verteidigung besonders umstrittener Patente auf konventionelle Züchtungen gehe es Konzernen wie Syngenta vor allem darum, den bislang gar nicht in Frage gestellten Patentanspruch auf gentechnisch veränderte Pflanzen auch bei einer möglichen Aufweichung des Gentechnikrechts aufrecht zu erhalten, vermutet der 51jährige Ackerbauer aus dem hessischen Ziegenhagen: „Hier wittert die Industrie das ganz große Geschäft mit Lizenzgebühren, die wir Jahr für Jahr bezahlen müssen. Wir sollten uns deshalb alle einig sein, dass wir auf unseren Betrieben kein patentiertes Saatgut einsetzen.“
Ginge es nach den FREIEN BAUERN, dürfte das Europäische Patentamt überhaupt keine Patente auf Lebewesen mehr erteilen. „In unserer abendländischen Zivilistation wird das Leben als Geschenk Gottes gesehen“, argumentiert Ehrenberg. Anders als bei einer Maschine ließen sich bei einem Lebewesen die patentgeschützten Bestandteile nicht entfernen oder ersetzen. Und anders als bei einer Maschine würden sich die patentgeschützten Bestandteile durch Fortpflanzung vermehren. Damit vermehre sich auch das Eigentum der Patentinhaber und ihr Anspruch, Lizenzgebühren zu erheben. „Eine Weizenpflanze etwa hat über 90.000 Gene“, veranschaulicht Ehrenberg: „Wenn da eine Eigenschaft geändert und darauf Patent angemeldet wird, ist das so, als würde jemand am Reifen meines Traktors eine Ventilkappe auswechseln und anschließend behaupten, der ganze Traktor gehöre ihm.“
Die FREIEN BAUERN warnen daher ausdrücklich vor vermeintlichen Patentlösungen, die geradewegs in die Abhängigkeit von großen Konzernen führen. Ehrenberg: „Es gibt keine Wunderpflanzen, die allein aufgrund ihrer Genetik mit Klimawandel, Krankheiten oder Schädlingen fertig werden. Gute Erträge gibt es nach wie vor nur durch gute fachliche Praxis unter Berücksichtigung aller ackerbaulichen Faktoren.“ Das Patent auf Lebewesen sei ein so fundamentaler Angriff auf die unternehmerische Freiheit der Betriebe, dass es nur mit einer möglichst geschlossenen Abwehrhaltung des Berufsstandes pariert werden könne, ist Ehrenberg überzeugt und wünscht sich von seinen Berufskollegen Wachsamkeit: „Wenn angebliche Freunde der Landwirtschaft uns neue Nutzpflanzen als Fortschritt anpreisen, die aber aufgrund genetischer Veränderungen patentgeschützt sind, hilft nur ein konsequentes Nein.“