Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben den Rückzug des Lebensmitteleinzelhandels aus dem Agrardialog als „feige Flucht vor der Verantwortung“ bezeichnet. „Nach acht Monaten konstruktiver Zusammenarbeit und Ergebnissen, die die Stellung der heimischen Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette deutlich verbessert hätten, scheuen die Konzerne die praktische Umsetzung der Vorschläge“, bedauert Peter Guhl von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN, der in der Arbeitsgruppe Milch am Agrardialog mitgewirkt hat. Indem die großen Handelsketten die Weiterführung dieser Arbeit jetzt in die Hände des mit der Ernährungsindustrie eng verflochtenen Bauernverbandes legen, sei die Hoffnung auf eine angemessene Bezahlung landwirtschaftlicher Produkte zur Illusion geworden, kritisiert der 56jährige Milchviehhalter aus dem mecklenburgischen Vorderhagen: „In der neuen Koordinationszentrale Handel & Landwirtschaft sitzen die Ausbeuter und Monopolisten unter sich.“
Nach den massiven Bauernprotesten des letzten Winters hatte sich der Lebensmitteleinzelhandel auf Gespräche mit den dahinter stehenden Organisationen eingelassen, unter anderem den FREIEN BAUERN, LSV Deutschland, BDM, AbL und LSV Original. In diesem so genannten Agrardialog wurden alternative Absatzmechanismen entwickelt, wodurch der landwirtschaftlichen Anteil am Produktpreis gestiegen wäre, verbunden mit einem Marketing, das die Nachfrage nach Agrarprodukten deutscher Herkunft erhöht hätte. „Wenn die Händler jetzt heucheln, dieses Projekt lasse sich auch über die Koordinationszentrale voranbringen, so verkennen sie dabei das Grundinteresse der Verarbeiter an billigem Rohstoff“, begründet Guhl seine Ablehnung, sich einer vom Bauernverband dominierten Struktur unterzuordnen: „Das Ringen um bessere Erzeugerpreise muss weitergehen – wenn nicht mit, dann künftig wieder gegen den Einzelhandel.“